Traupredigt: Himmelsgeschenk der Liebe (2014) - kloster-hachborn.de

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Geist > Hochzeit

Trauspruch
1. Korinther 13, 13: Was für immer bleibt, sind Glaube, Hoffnung und Liebe, diese drei. Aber am größten von ihnen ist die Liebe.
1. Korinther 13, 7: Sie erträgt alles, sie glaubt alles, immer hofft sie, allem hält sie stand.

Liebes Brautpaar,

soviel ist klar: bei einer  Hochzeit geht es meistens um Liebe - in unserem Kulturkreis jedenfalls. Die Liebe ist zugleich der Maßstab, an dem die Qualität einer Beziehung gemessen wird. Auch wenn der Partner noch so gut reden könnte „mit Menschen- und mit Engelszungen", wenn er noch so viel Erfolg im Beruf hätte: ohne Liebe ginge das nicht gut. Mit einem „tönenden Erz oder einer klingenden Schelle" will keiner auf Dauer verheiratet sein.
Soviel ist heute klar: zur Ehe gehört Liebe. Bei einer kirchlichen Trauung kommt zudem jetzt noch Gott ins Spiel, oder besser: Wir erinnern daran, dass er schon immer im Spiel war oder auch sie, die Liebe. In euren Träumen und Sehnsüchten, in dem was zwischen euch an Geist wehte war sie da. In Gottes Treue ruht euer Ja-Wort. "Die Liebe hört niemals auf" schreibt Paulus als Zentrum des christlichen Glaubens.
"Was für immer bleibt, sind Glaube, Hoffnung und Liebe, diese drei. Aber am größten von ihnen ist die Liebe,"  größer auch noch als alle unsere Vorstellungen von ihr, größer als die Bilder, die wir uns von ihr machen.

Bei der Vorbereitung eurer Trauung bin ich die Traupredigten vergangener Jahre noch mal durchgegangen, so wie man manchmal zu blättern anfängt, wenn man ein altes Buch in die Hand nimmt. Klar, irgendwie war bei der Hochzeit immer von der Liebe die Rede. Ich habe jedenfalls niemanden getroffen, der sich nur aus wirtschaftlichen Gründen hat trauen lassen. So etwas soll es auf dem Standesamt geben, aber in der Kirche nicht.
Wirtschaftlich rechnet sich eine Trauung auch gar nicht, wenn man bedenkt, was so eine Hochzeit kostet. In den Genuss des  Ehegattensplittings oder sonstiger materieller Vorteile  kommt man schließlich auch ohne kirchliche Trauung. Aber darum geht es ja heute auch nicht.
Eher schon geht es um den Segen von oben, um die Himmelsmacht, die Zuversicht gibt für gute und für schlechte Tage. Es geht um Treue, unabhängig davon, ob es sich lohnt. Es geht um eine Hoffnung, die nicht aufgibt.
„Du bist ein hoffnungsloser Fall", sagt mir meine Frau manchmal, aber sie gibt die Hoffnung trotzdem nicht auf. Das ist Liebe! Die Liebe – immer hofft sie. Auch noch in hoffnungslosen Fällen. Manches erfahrene Ehepaar weiß das auch und bewältigt seine Kämpfe mit einer guten Prise Humor. Den wünschen wir euch, denn es lohnt sich, die Hoffnung nicht aufzugeben und beieinander zu bleiben.

„Sie glaubt alles", so besingen die Schlagersängerinnen unserer Zeit die Liebe. Helene Fischer: „Ich glaub dir hundert Lügen, viel zu schön um wahr zu sein" und Andrea Berg gar: „Du hast mich tausendmal belogen, du hast mich tausendmal verletzt." Und wer keine Schlager mag, der ergänzt: Die Liebe erträgt alles - sogar Schlagersängerinnen.

„Was für immer bleibt sind Glaube, Hoffnung und Liebe, diese drei. Aber am größten von ihnen ist die Liebe." Das Wort habt ihr euch für diesen Tag gewünscht und als Lied dazu: „feels like home". Wir wünschen euch dazu, dass eure Liebe von großer Dauer sei und ihr darin beheimatet seid.
Die Liebe bleibt. Sie bleibt, indem sie sich verändert und ihr euch auch. Es gehört deswegen dazu, die Veränderungen zu ertragen. Den Menschen zu lieben, der ihr heute seid ist leicht: die wunderschöne Braut, die Schönste von allen, und diesen Bräutigam mit den herrlichen blauen Augen und den breiten Schultern. Aber werdet ihr auch den Menschen noch lieben können, der ihr in zwanzig oder dreißig Jahren sein werdet? Das ist Glaubenssache. Zu diesem Glauben will ich euch ermutigen.
Liebe – das ist ein Himmelsgeschenk, von uns nicht machbar, nicht herstellbar, schon gar nicht auf Dauer. Selbst wenn es neuerdings Hormonpillen geben soll, mit denen sich ein Verliebheitsgefühl herstellen lässt - das bleibt nicht für immer. Liebe ist mehr als Verliebtheit. Sie ist mehr als die Bilder, die wir uns davon machen. Die Bilder verändern sich.
„Ach! des Lebens schönste Feier
endigt auch den Lebensmai;
mit dem Gürtel, mit dem Schleier
reißt der schöne Wahn entzwei.
Die Leidenschaft flieht,
die Liebe muß bleiben;
die Blume verblüht,
die Frucht muß treiben.
Der Mann muß hinaus
ins feindliche Leben,
muß wirken und streben
Und drinnen waltet
die züchtige Hausfrau,
die Mutter der Kinder,
und herrschet weise
im häuslichen Kreise."

Auch dieses klassische Bild der Liebe aus Schillers Glocke ist inzwischen längst überholt. Wo der Dichter noch sagt: „Die Liebe muss bleiben", wissen wir heute: Sie bleibt am ehestens wenn sie nicht muss. Zu ihr gehört die Freiheit. Wer meint, sie müsse immer da sein, der vertreibt sie.  

Das Blättern in meinen alten Traupredigten belegte es. Da standen jeweils auch die Namen der Paare, und ich habe überlegt: Was ist aus diesem oder jenem Paar eigentlich geworden? Welche Ehe hat gehalten? Und welche ist wieder auseinander gegangen? Die gute Erkenntnis dabei war: Die Meisten, die kirchlich getraut wurden, leben auch heute noch zusammen. Mit Gottes Segen hält es länger als nur standesamtlich.
Manche Trausprüche kamen sehr häufig vor. Andere zeigten sich als recht zeitbedingt:  Galater 6  etwa: „Einer trage des anderen Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen." Das war in den schweren Nachkriegsjahren mal sehr verbreitet. Es ist aber heute nicht mehr in Mode. Es soll schließlich in der Ehe nicht nur um Lastenausgleich gehen und die Erfüllung von entsprechenden Gesetzen.
Begehrter war in den letzten Jahren 1. Korinther 13: „Die Liebe hört niemals auf". "Was für immer bleibt, sind Glaube, Hoffnung und Liebe."
Aber da zeigte der Blick auf die mir bekannten Ehen ein verstörendes Ergebnis: Ausgerechnet bei den Brautpaaren mit diesem Trauspruch gab es die meisten Scheidungen. „Die Liebe hört niemals auf", aber ein Drittel der Paare trennt sich.
Waren das zu hohe Worte? Ein viel zu großer Anspruch?
Es erinnerte mich ein wenig an jenen Grabstein auf dem Friedhof. Da stand oben drauf: „In ewiger Liebe – wir werden dich nie vergessen", und unten wuchsen Brennnesseln und Disteln. Das Friedhofsamt hatte dazu einen gelben Aufkleber angebracht: „Dieses Grab ist ungepflegt!"
Ob es mit mancher Ehe ähnlich ist? Wir können darum bitten, wir können es uns wünschen - aber wir sind nicht die Garanten für die Dauer der Liebe. Wir wissen nicht was kommt. Wir können uns nur beschenken lassen.
Aber das ist wohl auch eine Lebenshaltung, die ihr auf eurer Hochzeit einüben könnt: euch einfach beschenken zu lassen und euch an den Geschenken des Tages zu freuen; 
Oder auch an den vielen Freunden, Verwandten  und Bekannten, deren Anwesenheit schon allein ein Geschenk ist.
Natürlich gibt es auch die anderen. „Wer Ja sagt, muss auch Onkel Horst einladen", ist der Titel eines Ratgebers für Hochzeiten. Nicht jeder ist ein Geschenk und das Leben bisweilen auch nervig und anstrengend. Aber genau das kann uns ja helfen, die besonderen Tage zu schätzen.
Ein anderer Hochzeitsratgeber entgegnet zwar: „Wer Ja sagt, darf auch Tante Inge ausladen." Doch warum eigentlich? Auch die Peinlichen, Obernervigen gehören zum Leben dazu und können eine praktische Übung in Toleranz, Freiheit und Humor sein. Die Liebe erträgt alles. Auch Onkel Horst und Tante Inge auf der Hochzeit – und ich hoffe jetzt nur, dass hier kein Onkel und keine Tante tatsächlich so heißen.

Eine Ehe muss nicht immer der Garten Eden sein. Manchmal reicht es schon, mit ein paar Blumen oder Sträuchern die Spuren irdischer  Pflege sichtbar werden zu lassen.  Schön wenn die große Liebe da ist, aber sie lässt sich nicht erzwingen.
Was die Haltbarkeit der Ehe angeht, so war jedenfalls ein anderer Trauspruch sehr viel erfolgreicher: Kolosser 3: „Ertrage einer den anderen, und vergebt euch untereinander wenn jemand eine Klage gegen den anderen hat." Glaube, Vertrauen in das Unsichtbare heißt auch, einander ertragen lernen, wenn von der Liebe gerade mal nichts zu sehen ist.
Gott erträgt alles und die Liebe auch. Wir aber müssen das erst lernen: Einander zu ertragen, zu vergeben, die Hoffnung nicht aufzugeben, das Vertrauen nicht wegzuwerfen, den Glauben zu behalten und mit den Lebenserfahrungen schlechter Tage in einen kritischen Glauben zu verwandeln - einen Glauben also, der nicht auf jeden Aberglauben reinfällt, aber auch in tausend Lügen noch die Wahrheitsmomente entdeckt. Auch das lässt sich in einer guten Ehe lernen.

Wir müssen die Liebe nicht selber machen. Kein Mensch kann das. Aber da ist eine Macht über uns, die uns immer wieder beschenkt. Wir können nur dankbar sein und uns daran erfreuen und das mit einem solchen Fest wie heute feiern. Gottes Liebe – wir haben es gesungen – heißt: Du brauchst dich nicht allein zu mühen.
Gottes Liebe, wie Wind und Weite und wie ein Zuhaus … 

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